Die dunklen Augen starrten mich an. In ihnen lag dieser Ausdruck von Überheblichkeit, von Allwissenheit. Diese Augen kannten den Mörder. Natürlich würden sie ihn nicht verraten. Weshalb sollten sie? Die Augen waren schlau, sie waren heilig. Nicht überall, aber hier und jetzt, vielleicht seit Ewigkeiten, vielleicht für die Ewigkeit. Wer konnte das sagen, an diesem Ort, wo die Zeit langsam raste, wo sich das Morgige mit dem Gestrigen vermischte um einen Hybrid zu erschaffen, der so wenig fassbar war, wie die Leere im Weltraum. Schlau beäugten mich die Augen, der Kiefer kaute seelenruhig, der Körper rührte sich kaum, nur hin und wieder eine kurze Bewegung, um lästige Fliegen loszuwerden.
Ich überlegte mir, meine Pistole hervorzuholen und den Lauf direkt zwischen die Augen zu halten. Ich würde genüsslich abdrücken, das Blut würde mir nichts ausmachen, auch die Körperteile nicht, viele Kulturen verspeisen diese genüsslich. Als Zeuge lagen mir diese Augen nicht am Herzen. Obwohl sie den Mörder sicherlich einwandfrei identifizieren könnten, würden sie es nicht tun. Was würden die anderen Polizisten tun, wenn ich die Kuh erschoss? Wahrscheinlich würden sie mich verprügeln, vielleicht auch erschiessen. Wer konnte das schon sagen in diesem Land.
Ich richtete meine Sonnenbrille und wandte mich der Leiche zu. Ich mochte Leichen nicht besonders. Obwohl sie eigentlich meinem Idealtyp des Menschen sehr nahe kamen. Still. Leider halten sich die wenigsten Menschen daran, still zu sein und für dumm gehalten zu werden. Als Polizist arbeite ich stets mit Beweisen, diese brauche ich um die Verbrecher zu überführen. Leichen sind ebenfalls ein Beweis, der unwiderrufliche Beweis unserer eigenen Sterblichkeit. Diese Leiche führte wieder deutlich zur Schau, wie verwundbar und zerbrechlich wir waren. Es genügt ein Geschoss von 9 Millimetern, um einen menschlichen Schädel zu durchbohren und dem Leben ein jähes Ende zu setzen. Ich fand es jedoch tröstend zu wissen, dass ein Kopfschuss nicht schmerzhaft war.
„Wer hat ihn wohl umgebracht?“ sinnierte ein Polizist, welcher neben der Leiche in die Hocke gegangen war. Er war der einzige der drei Beamten, der sich nicht würgend von der Leiche abgewandt hatte. Auch war er, so weit ich wusste der einzige, der einen Fernseher zu Hause hatte. Die anderen beiden Beamten schielten immer wieder kurz zum leblosen Körper, um sich dann gleich wieder angewidert abzuwenden. Eigentlich hätte ich nur Spott dafür übrig gehabt, schliesslich müssten sie sich nur mal vorstellen, wie ihr Essen ausgesehen hat, kurz nachdem es gestorben war. Aber da die meisten Inder Vegetarier sind, hielt ich diesen Spott für obsolet.
„Ich denke, es war die Pistolenkugel“ sagte ich ruhig. Der Mann dachte einen kurzen Augenblick nach, dann grinste er mich blöd an. Ich erwog auch ihm einen Schuss zwischen die Augen zu verpassen, sollte ich die Kuh zur Strecke bringen. Seinetwegen würden sie mich wohl kaum verprügeln.
Der Schweiss rann meine Stirn hinunter und ich musste ihn mit meinem Stofftaschentuch wegwischen. Obwohl die Sonne sich gerade in einem mächtigen Feuerball hinter mir ins Meer stürzte, war es immer noch verdammt heiss. Weiter weg am Strand sah ich die Gruppe von Schaulustigen, welche von fünf Polizisten auf Abstand gehalten wurde. Es waren hauptsächlich westliche Touristen, welche eigentlich nur hier waren, um am Strand zu liegen und sich Dope reinzuziehen. In der Gegend gab es kaum Morde, eigentlich war die Haupttodesursache Drogen und die Hauptopfer westliche oder auch fernöstliche Touristen. Dies hier war ein Mekka für allerlei Geschöpfe, welche in der westlichen Welt nur am ausgefransten Rand zu suchen waren. Hier konnten sie sich unter der prallen Sonne vergnüglich ihrer Flucht widmen. Ich betrachtete sie alle mit ihrem dümmlichen Blick, der nicht verstand, was hier im Paradies geschah. Ich fand es traurig, dass ein Einheimischer hier tot am Boden lag und nicht eine dieser hüllenlosen Geistererscheinungen.
Irgendwo kauerte eine junge Frau und weinte. Sie kannte den Jungen, hatte ihn wahrscheinlich in der Nacht zuvor am Strand getroffen, wo er ihr Pillen verkaufte. Er war erst zwölf Jahre alt. Natürlich war er süss gewesen, hatte gelacht, als sie mit ihm sprach. Sie gab ihm Geld, mehr Geld als die Pille eigentlich kostete, aber sie glaubte, ihm einen Gefallen zu tun. Sie wusste weniger vom Leben als er. In ihrer Welt gab es Möglichkeiten, Ziele, Träume. In seinem Leben hatte es keine Möglichkeiten gegeben, nur ein Ziel und nur einen Traum. Für alle, die wie er waren, den gleichen: sie träumten von dem, was die dort drüben hatten und was sie bereitwillig riskierten. Die Frau sagte sich sicherlich, dass das Leben nicht fair war, dass dieser Junge so was nicht verdient hatte, dass er niemals eine Chance gehabt hatte. Es war reine Heuchelei, was sie und der Rest ihrer Brut tagtäglich aus sich herausschwitzte. Tatsache ist, dass sie alle froh sein konnten, dass das Leben nicht fair war, denn sonst würde einer von ihnen hier liegen und der Junge wäre bei ihnen zu Hause, würde eine Schule besuchen und und ein anständiges Leben führen, anstatt tot herumzuliegen.
Ich fühlte in mir ein kurzes Zwacken, mein Gerechtigkeitssinn war geweckt. Ich überlegte, ob ich noch einen der Touristen auf meine Mordliste setzen sollte. Vielleicht denjenigen mit dem weissen T-Shirt, auf dem die Aufschrift zu lesen war „I ♥ India“. Ich hasse diese I ♥-Shirts! Noch mehr von dieser oberflächlichen Heuchelei, und auch noch offen zur Schau getragen. Es war nicht der Ausdruck von Liebe, sondern das Prahlen, dass man an einem Ort gewesen war, dass man dort schöne Ferien verbracht hatte. Wenn interessierte es? Weshalb mussten diese Leute andere mit ihren unnötigen Aussagen langweilen? Ja, dieser wäre eine gute Wahl. Das dritte Opfer auf meinerAbschussliste am heutigen Abend. Drei würden auf jeden Fall noch sterben. Aber nicht die drei auf meiner Liste.
Mir war bewusst, dass ich in meinem Leben so oder so mit der Polizei zu tun gehabt hätte. Wäre ich nicht selber Polizist geworden, hätte ich mich auf der anderen Seite der Linie bewegt und wäre sicher früher oder später von einem Polizisten erschossen worden. Ich hoffte, es würde ein Kopfschuss sein. Das war auch der Grund, weshalb ich keine meiner Mordlisten je in die Tat umgesetzt hatte. Ich erstelle täglich mehrere solcher Listen. Politiker und Journalisten gehören prinzipiell darauf. Fans von Popstars auch.
Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass die Menschen es mir unglaublich einfach machen. Entweder mit ihrer Heuchelei, ihre Respektlosigkeit oder, was am häufigsten geschieht, mit ihrer Dummheit. Leider lebt die Menschheit nicht mehr nach dem Prinzip des Survival of the fittest, denn sonst hätten die Dummen keine Chance. Doch sie haben eine Chance und da es immer mehr dumme Leute gibt, werden sie auch immer einflussreicher. Es ist schon so weit, dass die Dummen die Herrschaft übernehmen, dass sie mit ihren Taten die Welt immer weiter in einen maroden Sumpf verwandeln. Die traurige Wahrheit dahinter ist, dass die Klugen nachgeben. Vielleicht hat sich Darwin aber auch nur geirrt oder aber, was mir das Blut in den Adern gefrieren lässt, die Dummen sind the fittest. Nun vielleicht bin ich ungerecht zu jenen die herrschen, aber man kann wohl kaum davon ausgehen, dass jemand mit Verstand hinter unserer Welt steckt.
Ich selbst zähle mich auch zu den Dummen. Ebenso zu den Respektlosen, doch ich finde, dass ich kein Heuchler bin. Deshalb und nur deshalb bringe ich es manchmal fertig, mich im Spiegel zu betrachten. Beim Rasieren.
Es gab da jedoch eine Liste, welche schon mehrere Jahre Bestand hatte. Anfangs war ein Name darauf gewesen, bald darauf kam ein zweiter hinzu dann noch ein weiterer. Der letzte Name war so alt wie die Leiche. Diese Liste ist die einzige, welche in die Tat umgesetzt würde.
Ich blickte zur Sonne und fand es prahlerisch, wie sie den Himmel färbte, wie um ihren Abgang mit einer gewaltigen Show zu schmücken. Ebenso ihr Auftritt. Die Sonne hat nichts von Bescheidenheit. Mit den schönsten und prächtigsten Farben begrüsst sie uns jeden Tag und ebenso verabschiedet sie sich. Und wenn sie einmal für mehrer Tage fort ist, so vermisst sie jeder und betet, dass sie zurück komme. Nein, Bescheidenheit zählt nicht zu den Charakteristika der Sonne. Zum Mond schon eher. Aber ausser den Werwölfen braucht niemand den Mond. Er ist einfach da, bewegt sich um die Welt, verschwindet und taucht wieder auf. Erhellt die Nacht, doch nicht so sehr, dass wir auf ihn angewiesen wären. Nein, er ist nicht prahlerisch.
Meine Augen schweiften zum Waldrand, aus dessen Schatten eine düstere Gestalt auf uns zu kam. Der Mann war grösser als die meisten seiner Volksgenossen, beinahe so gross wie ich. Sein Gesicht war glatt rasiert, er besass nicht den Schnauz, welcher in diesem Land gerade eine Renaissance erlebte. Die Augen waren verdeckt durch eine dunkle Sonnenbrille, doch ich kannte den schlauen Blick darunter: Mein Assistent, welcher zum Glück den einfach Namen Amar besass. Er blickte hinunter auf die Leiche und meinte mit stoischer Stimme: „Pavan.“ Ich nickte.
„Anscheinend war es doch keine gute Idee gewesen ihn nach Informationen über Masterson auszufragen“ erklärte ich mit so kühler Stimme, wie ich konnte. Der Tod des Jungen ging mir nahe. Er war tatsächlich sehr nett gewesen, ausserdem ganz aufgeweckt. Das war wohl meine Schuld, aber das beschäftigte mich nicht so sehr, zu viel Schuld hatte ich mir bereits aufgeladen. Eine mehr oder weniger, fiel nicht mehr ins Gewicht. Was mich störte, war die völlige Sinnlosigkeit. Ein Bauernopfer, nein, eigentlich nicht, denn ein Opfer ging man willentlich ein, der Junge war ein falscher Zug gewesen. Doch das Unausweichliche war schon lange in Gang gesetzt worden.
Ich nahm einen kleinen Zettel aus meiner Hosentasche, es war der Parkschein für ein kleines Flugfeld in der Nähe. „Der Junge trug ihn auf sich.“
Amar nahm den Zettel und betrachtete ihn kurz, dann wandte er sich wieder an mich. „Heute.“
Ich nickte. Die Falle war gestellt und ich lief geradewegs hinein.
Hier sollte ich eine kurze Erklärung anfügen. Ich bin Brite, ich mag links fahren, dunkles, warmes Bier in einem grossen Glas und dass wir den Euro nicht haben. Was ich nicht mag ist Tee, Leute die nicht Schlange stehen und wenn Sie nicht auf die Liste gehören, dann wissen Sie, dass ich Leute auf der Liste nicht mag. Nun ja, vielleicht mag ich grundsätzlich keine Leute. Nein, Pavan hatte ich gemocht. Kühe mag ich auch nicht, ausser eine Gabel steckt darin und Kräuterbutter tropft darüber. Dies führt natürlich zur Frage, weshalb ich mich ausgerechnet in dem Land befinde, in welchem Kühe heilig sind? Letztlich ist es wie in jedem Krimi, ich jage den Bösewicht. Eugene Masterson. Vielleicht kennen Sie die Geschichte über diesen Schweizer Kriminalbeamten, der über Jahre hinweg einen Kriminellen verfolgt, mit dem er eine Wette am Laufen hatte, wer den anderen zuerst erwischen würde. Nun, so ist es auch bei uns. Die Wette ist eher informell und es gibt für den Sieger keinen Preis, doch letztlich spielen wir seit Jahren Katz und Maus.
Derzeit bin ich die Katze und habe die Maus hierher verfolgt. Seit mehreren Wochen bin ich hier und da Masterson international gesucht wird, waren die Behörden hier so freundlich, mir jemanden an die Seite zu stellen. Amar. Seinen vollen Namen hat er mir gesagt, aber ich kann ihn mir nicht merken. Er stammt aus Mumbai und ist mit mir zusammen hierher gekommen, an diesen Ort, der so anders ist als Europa und auch anders als Indien.
Aber ich schweife ab. Jedenfalls haben wir zusammen nach Hinweisen über Masterson gesucht. Man kann vermuten, dass er etwas mit dem Drogenhandel hier zu tun hat. Mit dem Hinweis auf den Flugplatz wissen wir, wo er möglicherweise steckt oder von wo er vielleicht weiter ziehen will. Das ist aber nicht wichtig. Er könnte auch hier sein, um Ferien zu machen. Letztlich zählt nur , dass ich ihn schnappen werde.
Deshalb fahren wir zu diesem kleinen Flugplatz, dem letzte Schauplatz dieses Stücks.
Von aussen, sieht er nicht sonderlich bemerkenswert aus. Ein kleiner Hangar, ein Rollfeld, dass mehr einem Acker gleicht und ein Parkplatz, wo man einen Parkschein von einem Einwohner kaufen muss, der wahrscheinlich den ganzen Tag dort sitzt und nichts tut, ausser darauf zu hoffen, dass jemand einen Parkschein will. Irgendwie schien mir das für den letzten Akt dieses Stücks zu passen. Weshalb nicht ein kleiner Hangar, der beinahe in sich zusammenfällt und ein Acker, der als Rollfeld dient. Drei Schüsse werden alles klären.
Als wir anhielten und aus dem Wagen stiegen, wunderte ich mich nicht, dass es niemanden gab, welcher Parkscheine ausstellte. Die Falle hatte ich bereits
erkannt, doch die besten Fallen sind immer jene, die sich innerhalb einer Falle befanden. Ähnlich wie diese russischen Puppen, in denen immer eine kleinere steckt. Ich warf einen letzten Blick
hoch in den bereits dunkler werdenden Himmel und fragte mich, ob ich dort enden würde? Eigentlich glaubte ich weder an Himmel, Hölle oder Gott, aber wahrscheinlich stellt man sich automatisch
solche Fragen, wenn man das Ende vor Augen hat. Gott war auch so eine Erfindung von Heuchlern und dummen Leuten. Gott ist entweder böse oder unfähig. In beiden Fällen lohnt es sich nicht, ihn um
Hilfe zu bitten. Am besten ist es immer noch, die Sachen selbst anzupacken. Und am Ende ist man nur sich selber was schuldig und vielleicht einem kleinen Jungen.
Das Ende. Mich erschreckte es nicht. Im Gegenteil, es beruhigte mich. Ein langer traumloser Schlaf; hoffentlich. Doch zuerst galt es noch einen letzten Widerstand zu leisten, ein letztes Mal zu erdulden und zu sühnen. Weshalb? Die Frage ist eigentlich unwichtig, aber letztlich ist es anhand dieser, dass wir Taten bewerten können. Weil ich es tun konnte? Gewiss. Weil es getan werden musste? Wahrscheinlich. Weil es Richtig war? Vielleicht. Wahrscheinlich ist die Überlegung trotz allem unnötig.
Wir betraten den Hangar. Ich hatte meine Waffe gezogen und ging langsam voran. Amar gleich hinter mir. Dort stand nun Masterson, den Rücken zu mir über einen Tisch gebeugt. Sonst war niemand hier, wie erwartet. Ich richtete meinen Revolver auf Masterson und zog den Hahn.
Masterson hob bei diesem Geräusch den Kopf und meinte: „Du hast lange gebraucht, alter Freund.“
„Gut Dinge will Weile haben“ erwiderte ich ruhig, beinahe stoisch. „Ich finde es schön, dass du mich erwartet hast.“
Masterson hatte mir immer noch den Rücken zugewandt. „Natürlich. Wir haben so oft miteinander gespielt, dass ich dich kenne. Du hast keinen Zug mehr, der mich überraschen kann.“
"Dann weisst du auch, wie das hier alles enden wird?" wollte ich von ihm wissen. Er wusste es nicht. Nur ich wusste es.
"Ja, ich weiss es" erwiderte Masterson und richtete sich auf, den Rücken immer noch mir zugewandt.
Ein weiterer Hahn wurde gespannt und ich fühlte den Lauf an meinem Hinterkopf. „Waffe fallen lassen“ sagte Amar mit bedrohlicher Stimme. Ich tat wie mir geheissen. Amar hob die Waffe auf und trat neben mich. Masterson wandte sich um, in der Hand hielt er eine Pistole. „Mein Lieber, das war dein letzter Zug. Schach Matt.“
Der Knall war ohrenbetäubend, und für einen kurzen Augenblick fühlte ich den Schmerz nicht. Mein Körper wurde von der Wucht des Aufpralls nach vorne geknickt. Ich torkelte einige Schritte rückwärts und fiel gegen eine Wand zu Boden. Meine Hand presste ich an den Bauch, ich fühlte das warme Blut. Schmerz durchfuhr meinen Körper, doch er war weit weg, nicht real. Schweiss rann meine Stirn herunter. Mein Blick fiel zwischen Amar und Masterson hin und her.
Masterson lachte und kam näher. „Das hast du nicht erwartet, nicht wahr?“ er deutete mit dem Kopf auf Amar. „Du bist bei diesem Spiel immer besser geworden und mir war klar, dass wenn es nicht ein Remis geben sollte, ich tiefer in die Trickkiste greifen musste.“
Mein Blick wandte sich Amar zu. „Weshalb?“
„Weil Ihr so seid wie all die anderen Weissen. Ihr kommt her, spielt Euer Spiel und am Ende ist es ein indischer Junge, der stirbt. Ich habe es satt zu sehen, dass ihr Europäer alles zerstört und dennoch alles bekommt.“
„Ja, ja“ meinte Masterson mit einem breiten Grinsen. „Es ist schade. Ich hatte viel Spass an unserem Spiel und hätte gerne gesehen, dass es auf die übliche Weise endet. Doch das Endspiel ist immer das schwierigste und da muss man sich etwas Besonderes überlegen. Schade, aber ich mag es nicht, eine Leiche zu sein, Daher musste ich meinen guten Freund Amar um Hilfe bitten.“
Ich schaute Masterson an und lächelte „Du bist auch ein Europäer.“
Masterson schaute mich verwirrt an. Der zweite Knall war nun nicht mehr so laut. Masterson fiel zur Seite, er war ebenfalls am Bauch getroffen worden. Er wandte sich Amar zu, dieser hatte meinen Revolver gebraucht um auf Masterson zu schiessen. Sofort sprang er hinüber und nahm die Waffe auf, welche Masterson verloren hatte. „Jetzt ist es so, dass der Inder gewinnt“ meinte er an uns beide gewandt.
„Pavan?“ fragte ich, wobei mir bewusst war, dass meine Stimme immer krächzender wurde. Ich hatte Durst, unglaublichen Durst.
Amar zuckte mit den Achseln. „Wie sonst hätte ich den Hinweis zu dir bringen sollen, ohne dass du mich verdächtigst?“
„Ich wusste es“ erwiderte ich. Amar schaute mich verwirrt an, es war nicht mehr ein Ausdruck von Überheblichkeit und Allwissenheit. Kuhaugen. Der dritte Schuss war kaum mehr zu hören. Wobei auch meine Sicht immer trüber wurde. Amar fiel vornüber neben mich hin. Sein Gesicht wandte sich mir zu. „Wie?“
Ich wollte es ihm noch sagen, ihm erklären, dass es so hatte kommen müssen. Er war schlau, der Einzige, und Masterson hatte nur noch diese Möglichkeit gehabt. Es war unausweichlich gewesen. Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt ihn zu töten. Er hatte es verdient als Sieger zu stehen. Doch der Junge hatte alles geändert. Masterson und ich, wir hatten es verdient. Pavan nicht.
Nein, ich konnte es nicht mehr sagen, aber Amar hätte es auch nicht mehr gehört. Meine Augen wanderten hinüber zu Masterson. Auch er war tot. So war mir die Gesellschaft am liebsten, schweigend.
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