Dunkelheit lag über der Stadt. Nicht nur jene Dunkelheit, die im Winter zu dieser Tageszeit herrschte. Eine Dunkelheit, die tiefer reichte als das was man von blossem Auge erkennen konnte. Ein Schatten lag über der Seele der Stadt und ihrer Einwohner. Letztere hatten auch aufgehört daran zu glauben, dass je ein Licht kommen würde, welches diese Düsternis wieder wegwischen könnte. Hoffnung war seit langem nicht mehr am Leben, nur noch Sünde. Einst war die Stadt auf einem Sumpfgebiet errichtet worden und obwohl man vor dem Bau alles trockengelegt hatte, konnte man die Überreste noch immer sehen. Die prächtigen Bauten, insbesondere Kirchen mit goldenen Kuppeln und prächtigen Fassaden, konnten den Sumpf nur übertünchen. Sie waren wie ein weisser Putz, welcher über eine dreckige Fassade gestrichen worden war. Die Stadt der Sünde wurde sie gemeinhin genannt. In ihr sickerte Alles zusammen und verschmolz zu einer dunklen Brühe, einer Masse der tiefsten Abgründe des menschlichen Wesens. Es war ein Abgrund, welcher nicht überwunden werden konnte.
Ein Luftzug wehte über das Land, strich über die hohen Plattenbauten der Vororte. Gelangte zum breiten Fluss, welcher die Stadt teilte. Strich einen langgezogenen Hügel hinauf, auf welchem eine riesige Siegesstatue aus Metall stand. Blies auf der anderen Seite hinab in die Altstadt, durch die schmalen Gassen, hinweg über die gepflasterten Strassen. Bis er an der Fensterscheibe eines Lokals abprallte und sich verflüchtigte.
Das Lokal, ein Restaurant mit kulinarischen Spezialitäten aus dem Innland, war gut gefüllt mit Leuten aus der Oberschicht. Männer mit schicken Anzügen und Frauen mit teurem Schmuck. Die meisten von ihnen waren jung und wenn einmal einer alt war, so war seine Begleiterin umso jünger. Keiner hatte seinen Reichtum auf ehrliche Weise erworben, noch war er im Bestreben diesen auf solche Weise beizubehalten. Ehrlichkeit zahlte sich an einem solchen Ort nicht aus. Es hiess, dass nicht einmal die Priester frei von Sünde seien. Es hiess dass nicht einmal ihre Bücher frei von Sünde waren.
An einem der Tische sass ein Mann mittleren Alters, er trug über seinen beleibten Körper einen tadellosen schwarzen Anzug, mit einer roten Krawatte und ein weisses Hemd, welches von Rotwein bekleckert war. Seine dunklen Augen wurden von einer grossen, goldenen Brille mit leicht verdunkelten Gläsern umrahmt. An ihn geschmiegt waren zwei junge Frauen, die eine mit blonden, die andere mit dunklen Haaren. Beide sehr schlank, mit einem riesigen Ausschnitt, welcher einen gewollten Blick auf ihre prallen, runden Brüste bot. Alles an den dreien war falsch, sogar die Zuneigung und Freundlichkeit, welche sie an den Tag legten. Der Mann lachte und johlte immer laut, während er den Frauen an den Busen griff oder die Träger ihrer Kleider runterzuziehen versuchte. Die beiden Begleiterinnen kicherten dabei stets und schüttelten seine Hand ab, gaben ihm Wein zu trinken und fütterten ihn mit den Händen. Ihre Hände glitten dabei immer wieder kurz über seinen Schritt, was ihn jeweils zum glucksen brachte. Er lallte die beiden auch immer wieder an, versuchte sie zum Singen zu animieren, doch keine reagierte darauf. Sein gesamtes Wesen war eine Darstellung dessen was dieser Ort war.
Die übrigen Gäste schielten immer wieder angewidert zum Trio hinüber. Obwohl sie alle in Sünde lebten, gehörten sie doch nicht zu der Schicht, welche ihre Sittenlosigkeit zur Schau stellte, zumindest nicht in der breiten Öffentlichkeit. So fühlten sich alle durch das Verhalten des Mannes und der beiden Frauen brüskiert. Einige weil sie tatsächlich in ihrer Moral beleidigt waren, andere aus Neid und einige einfach aus Missgunst. Und obwohl sich alle als über solches Verhalten stehend betrachteten, sahen sie immer wieder heimlich hin, beobachteten das Spektakel mit einer Gier, wie sie sonst nur Voyeure an den Tag legten.
Doch keiner der Gäste wagte es Etwas zu unternehmen. Denn dies war nicht nur ein öffentliches Restaurant, es war das Heim des Bluthundes. Dieser sass an einem Tisch am Rande des Saals, zusammen mit einer hübschen Begleiterin und musterte mit zornigen Augen die drei Menschen im Zentrum des Geschehens. Sein Gesicht war kantig und passte zum muskulösen Körperbau, welcher von einem purpurnen Seidenhemd bedeckt wurde. Seine Hand strich unbewusst über sein Kinn, so dass seine zahlreichen Goldringe an den Fingern klar zur Geltung kamen.
Eine Aura von Härte und Reichtum umgab ihn. Er galt in der Unterwelt als gnadenloser Schlächter, welcher oft ein sadistisches Vergnügen am Leid anderer hatte. Erbarmungslos hatte er sich seinen Weg von den dunklen Seitenstrassen hoch ins Zwielicht gearbeitet. Denn obwohl er nicht zu den ganz grossen Haien gehörte, war er doch eine anerkannte Person, die es sich leisten konnte ein scheinbares ehrliches Geschäft zu haben. Es gab viele, welche der Ansicht waren, dass seine Brutalität und seine Rücksichtslosigkeit ihn eines Tages an die Spitze einer grossen Bande bringen könnten, daher hatte er viele Feinde, aber auch einige starke Verbündete.
Einst hatte er ein anderes Restaurant besessen, er hatte stets eines haben wollen, nicht wegen sich selbst, doch weil sein Vater immer davon geträumt hatte, eines Tages ein Gastwirt zu sein, aber diesen Traum nie verwirklichen konnte. Ein Rivale des Bluthundes hatte drei Männer gesandt, welche ihn dort erschiessen sollten. Diese waren dann auch eines Abends durch die Vordertür herein gesprungen und hatten mit grossen Maschinenpistolen um sich geschossen. Über ein Dutzend Personen waren dabei umgekommen, auch der Bruder des Bluthundes. Er selbst war jedoch unverletzt geblieben. Zwei der drei Männer hatte er gleich erschossen, den Dritten nur verletzt. Kurz bevor das Auto seines Rivalen explodierte, hatte dieser noch den Kopf seines letzten Mannes in einem Paket erhalten. Die darauf folgende Explosion hatte ihm einen gnadenvolleren Tod bereitet, als ihn der Mann erfahren hatte. Viel gnadenvoller.
„Was für ein widerlicher Kerl!“ meinte auf einmal die Begleiterin des Bluthundes. „Jemand sollte ihm eine Lehre erteilen.“ Der Bluthund wandte sich ihr zu. Er hatte Blut gerochen.
Sie war Mitte zwanzig, hatte pechschwarzes, langes Haar, welches ein feines, schönes Gesicht mit grau-blauen Augen umrahmte. Sie trug ein dunkelrotes Abendkleid, welches ihre feine Figur gut betonte. Ihr Blick war wie immer eisig kalt, er hatte an ihr nie etwas Anderes gesehen.
„Soll ich es tun?“ wollte er begierig von ihr wissen. Nach einem kurzen Zögern nickte sie leicht. Ein breites Grinsen setzte sich auf des Bluthunds Gesicht, wie eine Mistfliege auf einen Haufen Dung. Er musterte die Frau neben ihm genau, ihre kalten Augen, ihr kühles Gesicht, die dunkle Ausstrahlung, welche ihr eine solche Schönheit gab. Immer mehr kam sie zum Vorschein und je mehr er davon sah, desto mehr wollte er sie. Langsam glaubte er sogar, dass er in sie verliebt war, sicherlich war er ihr hörig, dass war ihm bewusst. Er wollte sie, wild und rauh. Doch vorher noch die Arbeit, wobei es mehr ein Vergnügen sein würde.
Er wandte sich einem Mann zu, welcher etwas abseits, bei der Bar sass und stets den Raum im Auge behielt. Sein persönlicher Beschützer. Nach dem Angriff hatte er sich solche angeeignet. Zwei sassen derzeit draussen in einem Wagen, einer beim Hintereingang und einer hier im selben Raum. Das ganze war teuer, doch er konnte es sich mittlerweile leisten. Mit einem knappen Handzeichen winkte er den Mann heran und als sich dieser zu ihm herunter beugte, wies er ihn an, den dicken Mann bei den beiden Frauen in sein Büro zu locken. Als der Beschützer los ging, winkte der Bluthund den Chefkellner heran und gab auch ihm Anweisungen: „Sobald der Mann weg ist, bittest du die Frauen hinaus und gibst ihnen Geld für ein Taxi. Mach ihnen klar, dass sie sich hier nie mehr blicken lassen!“
Der Mann nickte und entfernte sich sogleich.
Der Bluthund sah, wie sein Beschützer, den Mann nach hinten führte, wobei letzterer ziemlich angetrunken sein musste, denn er rempelte immer wieder Leute auf ihren Stühlen an und murmelte beschwipst Entschuldigungen. Anscheinend begriff er überhaupt nicht, was gerade geschah. Die beiden Frauen, wirkten jedoch verunsichert, ja sogar ein wenig beängstigt. Gut, dachte sich der Bluthund, sie würden keine Anstalten machen und gleich verschwinden, so konnte er alles in aller Stille erledigen. Er stand auf und wollte den beiden Männern folgen, da hielt ihn seine Begleiterin am Ärmel zurück.
„Darf ich zusehen?“ fragte sie und ihre Augen richteten sich auf verführerische Weise auf ihn. Er war zuerst überrascht, doch dann lächelte er und nickte. Das war neu, bisher hatte sie stets desinteressiert gewirkt, als er von solchen Dingen berichtet hatte. Nun wollte er sie noch mehr als zuvor. Er würde nicht viel Zeit mit dem Dicken vertrödeln. Die Frau hatte ihn gefesselt, hat sich um sein Wesen geschlungen einer Schlange gleich. Und der Dicke war der Apfel, dachte er belustigt.
„Glaub mir, du wirst etwas sehen, dass du noch nie erlebt hast.“ Meinte er zu ihr, als sie durch den Korridor auf sein Büro zugingen.
„Ich weiss.“ Erwiderte sie und es war ihm, als könne sie es beinahe nicht mehr erwarten im Büro zu sein. Vielleicht würde er sich doch mehr Zeit genehmigen. Vielleicht würde sie dann im Bett noch wilder sein.
Die beiden betraten das Büro, wo sie von den beiden Männern bereits erwartet wurden. Der Raum war gross, der Tür gegenüber stand ein massiver Tisch aus Eichenholz, davor waren zwei schöne Stühle ebenfalls aus Holz, zur Rechten stand ein kleines Sofa aus schwarzem Leder und an den Wänden hingen Bilder von nackten Frauen, welche im Stil der alten Renaissance gemalt worden waren.
Der dicke Mann stand in der Mitte des Raumes und schaute verwirrt auf die Neuankömmlinge: „Was soll das?!“ fragte er verärgert und versuchte sich am breitschultrigen Beschützer vorbeizuquetschen, stolperte jedoch gleich beim ersten Schritt und fiel dem Mann direkt in die Arme. Dieser warf ihn gleich zurück und der Mann drehte sich noch in der Luft und fiel Bäuchlings hin. Der Bluthund konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und als er auf seine Begleitung sah, bemerkte er dort erneut nur Kühle und Leere. Doch vielleicht würde sie sich mit der Zeit wieder in das wilde Biest verwandeln.
Der Mann mit der Brille krabbelte auf allen Vieren einen halben Meter durch den Raum und fing an um Hilfe zu schreien. Der Bluthund trat zu ihm hin und ging neben ihm in die Hocke. Sanft legte er ihm die Hand auf die Schulter und meinte mit ruhiger Stimme: „Nicht schreien.“ Als der dicke Mann mit der Brille sein Gesicht ihm zuwandte, deutete der Bluthund um sich und sagte mit freundlicher Stimme: „Die Wände sind schalldicht. Selbst wenn man einen Pistolenschuss abfeuern würde, könnte man das draussen nicht hören.“ Nun erhob er sich wieder und blickte auf den Mann mit einem freundlichen Lächeln nieder.
Dann rammte er auf einmal sein rechtes Bein in die Seite des Mannes. Das Fett dämpfte den Schlag ein wenig, doch das kam nur dem Bluthund zugute, der Mann stöhnte auf und krümmte sich zusammen. Der Bluthund lächelte vergnügt und bemerkte, wie die Frau hinter ihm vorbei in Richtung Tisch ging. Ihr dunkelrotes Kleid rauschte sanft durch ihre Bewegungen und wekte beim Bluthund noch mehr Begierde. Er wandte sich ihr zu und meinte: „Keine Angst, der Höhepunkt kommt noch.“ Und es schien ihm seltsam, denn in ihren Augen glaubte er zu erkennen, dass sie dies wirklich wusste. Doch er kümmerte sich nicht darum und blickte wieder zurück auf den dicken Mann. Dieser krabbelte von ihm davon zum Ledersofa, wo er sich dagegen rollte, so als könne dieses ihm Schutz bieten. Nun lachte der Bluthund lauthals.
„Schau dich an!“ rief er. „Vorhin da draussen, da hast du noch den grossen Mann gespielt. Hast getrunken und dich mit Huren vergnügt. Hast den Protzigen gespielt, so als wärest du der König der Welt. Macht und Reichtum, das wolltest du doch andeuten oder? Natürlich! Du bist wie all die anderen Maden auf dieser Welt, willst Geld, denn damit kommt Macht und mit Macht kommen all die Freuden des Lebens nicht wahr!? Aber weißt du was? Geld ist hier nicht gleich Macht. An diesem Ort findet sich wahre Macht nur in einem einzigen Wort, alles dreht sich hier um dieses eine kleine Wort. Man könnte so sagen es ist die Urkonstante des Universums, dieses unseres Universums. Gnadenlosigkeit. Geld unterliegt Gesetzen und wer sich mit Geld Macht aneignet unterliegt ebenfalls diesen Gesetzen. Gnadenlosigkeit unterliegt keinem Gesetz, es ist schon an sich ein Gesetz. Nur wenn man frei ist von allen Gesetzen hat man wahre Macht, deshalb werde ich immer mächtiger sein als du. Deshalb werden Leute wie ich immer mehr Macht haben und Leute wie dich am Boden zerschmettern.
Wer gnadenlos ist, kann herrschen und hier herrsche ich. So wie Gott über das Volk Israel herrscht, herrsche ich über das Volk dieser Stadt. Uns beide vereint die Gnadenlosigkeit. Sodom und Gomorah die Sündenpfuhle der alten Zeit haben sich hier wiedergefunden und nur Gnadenlosigkeit wird diesen Ort Rein machen. Die Sünden dieser Welt erstarren vor der Allmacht der Gnadenlosigkeit.“ Erneut musste der Bluthund lachen. „Ich nehme an du hast sogar eine Arbeit oder? Natürlich hast du die, denn das wiederum erklärt dein Vertrauen in das Gesetz und das Geld. Sag mir, was arbeitet ein Wurm wie du?“
„Auftragsmörder.“ Sagte der dicke Mann mit fester Stimme. Sein Blick geradewegs auf den Bluthund gerichtet. Dieser blickte den Mann verdattert an.
„Dabei habe ich dich gar nicht in den Kopf getreten.“ Meinte er schliesslich. Dann fragte er mit ironisch bissiger Stimme. „Und bist du hier um mich zu töten?“
Der dicke Mann schüttelte den Kopf und deutete mit der linken Hand auf den Beschützer. Nun fing der Bluthund schallend an zu lachen. „Wie viel hast du wohl getrunken?“ er wischte sich ein Träne vom Augenwinkel und fragte dann. „Wie willst du es tun, hinüber gehen und ihm seine Pistole abnehmen, mit der du ihn dann erschiesst.“
Der dicke Mann blickte scheinbar überrascht hoch und meinte: „Woher weißt du das?“
Nun krümmte sich der Bluthund vor Lachen und klopfte sich auf die Oberschenkel. „Ehrlich, so einen Kerl wie dich habe ich noch nie getroffen! Vielleicht bringen wir dich nach dem heutigen Abend in die Irrenanstalt, falls du noch lebst.“ Er wandte sich an seinen Beschützer, welcher ebenfalls lachte und meinte: „Du solltest ihm vielleicht deine Pistole zeigen, damit er weiss, wo er sie holen muss.“ Der muskulöse Mann nickte und griff sich unter die Weste, um seine Pistole hervor zu nehmen, während sein Blick auf den Mann am Boden gerichtet war. Dann weiteten sich auf einmal seine Augen vor Schreck und er starrte hinunter auf den dicken Mann. Als der Bluthund seinen Kopf umwandte, sah er, dass der Mann neugierig auf seine rechte Hand blickte, in welcher er die Pistole des Beschützers hielt.
„Schöne Waffe.“ Meinte der Mann und bewegte sie hin und her. „In tadellosem Zustand, anscheinend wird sie oft gereinigt.“ Dann hob er den Arm und jagte dem Beschützer eine Kugel durch den Kopf. Dessen Körper sackte in sich zusammen und Blut quoll über den Teppich. Der Mann mit der goldenen Brille betrachtete die Leiche einen kurzen Augenblick, dann sagte er zum Bluthund. „Nächstes Mal solltest du jemanden anheuern, der bemerkt, wenn man ihm die Waffe klaut.“ Der Bluthund erkannte nun, dass der Mann anscheinend absichtlich gestolpert war und dass er sich in dem Augenblick, als der Beschützer ihn aufgefangen hatte, die Waffe angeeignet hatte.
Der Bluthund starrte den Mann mit geweiteten Augen an, unfähig sich zu rühren oder etwas zu sagen. Selbst sein Atem schien gefroren in der Zeit, in diesem Augenblick des Schreckens, der Gnadenlosigkeit.
„Weisst du,“ fuhr der Mann mit der Brille unbekümmert fort. „Ich muss dir zu einem gewissen Teil Recht geben. Geld wird als Machtinstrument oft überschätzt.“ Er erhob sich gelassen vom Boden und schlenderte durch den Raum auf ein Bild zu. „Letztlich hat der Macht, der eine geladene Waffe hat und über die Gnadenlosigkeit verfügt um den anderen zu erschiessen.“ Er nahm das Bild von der Wand und enthüllte dahinter einen Stahltresor. „Aber Geld, Gnadenlosigkeit, Ehre, all diese Wörter unterliegen letztlich ihrem eigenen Gesetz, ihren eigenen Regeln. Nichts ist ausserhalb eines Systems.“ Sein Blick wandte sich wieder dem Bluthund zu. „Alle Handlung unterliegt einem System und Macht entsteht aus Handlungen. Letztlich ist jedes Element der Macht an Regeln und Gesetze gebunden und kann von niemandem umgangen werden. Aber was nützt dir das alles. Ich habe eine Waffe und du nicht, das ist hier das Entscheidende. Nicht wahr?“ Nun begann er eine Kombination beim Safe einzugeben, als der Bluthund laut ausrief: „Du raubst mich aus?!“
„Ich bin kein gemeiner Dieb.“ Erwiderte der Mann mit beleidigter Stimme. „Ich bin ein Auftragsmörder.“ Dann ergänzte er mit kichernder Stimme. „Obwohl manchmal bin ich auch Auftragsdieb.“ Er fuhr fort die Kombination einzugeben. „Aber das ist jetzt kein Raub, ich hole mir nur meine Bezahlung.“
„Bezahlung wofür?“ verlangte der Bluthund zu wissen.
Der Mann warf ihm einen Blick zu und schüttelte kurz den Kopf. „Ich bin Auftragsmörder.“ Er deutete auf die Leiche im Raum. „Den habe ich ermordet, also muss ich bezahlt werden.“ Er grinste breit und gab die letzte Zahl ein, dann öffnete er den Safe. Als nächstes zog er eine rote Sporttasche heran, welche neben dem Tisch stand und begann das Geld aus dem Safe dort hinein zu packen. Obwohl er lässig dastand und sich scheinbar nicht gross um den Bluthund kümmerte, war dieser doch überzeugt, dass er dem Mann nicht einfach so die Waffe abnehmen könnte. Doch der Mann fuhr scheinbar unbekümmert über die Situation fort zu reden. „Vor einem halben Jahr arbeitete ein junger Mann hier, sein Name war Pavel.“ Auf dem Gesicht des Bluthundes zeigte sich Erkenntnis, als er den Namen hörte. Der Mann bemerkte dies scheinbar nicht und erzählte weiter. „Er war wie die meisten jungen Männer, träumte von Geld, Abenteuer und schönen Frauen. Deine damalige Freundin erkannte diese Träume in unserem jungen Kellner und machte sich ein Spiel daraus ihn zu verführen. Wahrscheinlich war sie nicht besonders klug oder sie verliebte sich tatsächlich in ihn oder aber sie wollte dich einfach nur ärgern. Beide unterschätzten jedenfalls die Konsequenzen, denn als du herausfandest, was gespielt wurde, hast du die beiden von deinem Beschützer hier umbringen lassen.“ Er betrachtete den Bluthund einen kurzen Augenblick, dann fügte er noch hinzu. „Wobei ich mir gut vorstellen kann, dass du die Frau selber erschossen hast.“
„Deshalb tötest du mich und raubst mich aus?!“ rief der Bluthund aus. „Wegen eines Strassenköters und einer Hure?!“
„Nein, deshalb tötete ich deinen Beschützer. Dich werde ich nicht töten.“ Antwortete der Mann und als der Bluthund ihn fragend anschaute, seufzte dieser und meinte: „Der Klügste bist du wirklich nicht. Ich verstehe nicht, wie du solange überleben konntest.“ Er deutete erneut auf das Geld und die Leiche. „Auftragsmörder bedeutet, dass jemand mir den Auftrag gegeben hat.“
In diesem Augenblick hörte der Bluthund, wie woanders im Raum der Hahn einer Pistole gespannt wurde und alles er sich umschaute, bemerkte er wie seine Begleiterin im dunkelroten Kleid eine Waffe auf ihn gerichtet hatte.