Hello, where are you from? (Wie in Indien, ist das auch hier der Standardgruss, den man an mich richtet)
Die Kanarienvoegel, welche bei den meisten Shops in den Bazars oder auf der Strasse zu finden sind und ueber dem Eingang in einem Kaefig vor sich hinsange, intrigierten mich von Anfang an. Zuerst
dachte ich, dass sie dieselbe Funktion hatten wie ihre Vorfahren in den Minen; sobald die Luft zu schlecht wird und der Vogel nicht mehr zwitschert, wussten die Minenarbeiter, dass es Zeit war
die Mine schnellstens zu verlassen. Meine Theorie, war, dass die Leute in den Bazars dieselbe Vorwahrnung erhalten wuerden, wie in den Minen und fliehen koennten, sobald die Luft zu schlecht
wird. Doch dann machten die Zwitschervoegel auf der Strasse keinen Sinn mehr, wobei bei dem Smoglevel hier...
Aber genug der unsinnigen Theorien, zurueck zum Ernst der Dinge. Meine Zeit im Iran ist bald vorueber. Mittlerweile habe ich nebst Tehran drei weitere Staedte besucht und jede hat einen weiteren
tiefen Eindruck bei mir hinterlassen.
Die erste Stadt war Yazd, die Wuestenstadt in deren historischen Zentrum sich einige der aeltesten Haeuser der Welt befinden. Allesamt aus getrocknetem Lehm erbaut, bilden sie ein Labyrinth aus
Gassen, welche man waehrend Stunden durchstreifen kann, bzw. muss, da man sich zwangslaeufig verirrt. Leider war es zu heiss, als dass ich lange Zeit in den Gassen verbringen konnte, ausserdem
war nicht viel los dort. Die meisten Leute waren im neueren Teil der Stadt zu finden, doch das war nicht so sehenswert. Dafuer war das Hotel, wo ich naechtigte ein Traum, ebenfalls eines der
alten Haeuser, natuerlich renoviert und zwecksgemaess hergerichtet, aber mit einem eigenen Charme. Besonders das Restaurant auf dem Dach mit Blick ueber die gesamte Altstadt hat mich gepackt. Die
Leute waren hier ebenfalls sehr freundlich, obwohl ich nur wenige getroffen habe, da ich ja nicht so sehr in den neuen Teil der Stadt wollte. Was aber auffallend war, die Anzahl Frauen, welche
den Chador trugen, die schwarze Ganzkoerperbekleidung, welche wir aus den Medien kennen und die unser Bild des Irans praegen. Beinahe jede Frau war so gekleidet, was viel mehr waren als in jeder
anderer Stadt, die ich gesehen habe.
Danach ging es weiter nach Shiraz und erneut ueberbrueckte ich die Distanz mit einer sechsstuendigen Busfahrt. Langsam entwickeln sich diese zu einem wahren Muehsal fuer mich, denn mein Ruecken
und mein Bein, die mich schon vorher gequaellt haben, jedes Mal heftig schmerzen. Zum Glueck vergeht dieser nach einigen Stunden wieder. Shiraz befindet sich in einem Kessel, umringt von
steinigen, kargen Bergen oder hoeheren Huegeln, je nach Gesichtspunkt. Die Stadt ist riesig, nicht so wie Tehran, aber groesser als alles was wir in der Schweiz kennen. Die Besonderheiten hier
waren, der grosse Bazar und das Hafez Mausoleum. Letzteres ist eine Gedenkstaette fuer einen der groessten Iranischen Poeten, welches in einem ruhigen Park erbaut wurde. Dort blieb ich einige
Zeit sitzen und erholte mich vom staendigen Laerm der Strassen, den man sonst ueberall antrifft. Den Bazar durchstreifte ich mehrere Male, sei es einfach auf Bummeltour oder weil ich ein
Restaurant, in der Naehe finden wollte. Der Guide gab mehrere an, doch keines konnte ich finden. Allgemein gestaltete sich die Nahrungssuche eher schwieriger, da die einzigen Moeglichkeiten in
Fast Food Ketten lagen. Und obwohl ich nichts gegen Fast Food einzuwenden habe, wollte ich doch jeden Abend gemuetlich an einem sauberen Tisch ein gutes Essen haben, daher ass ich jeweils im
Hotelrestaurant.
Ein weiteres Highlight war Takt e Jamshid oder Persepolis, eine Ruinenanlage, welche vor 2500 Jahren erbaut und von Alexander dem Grossen niedergebrannt wurde. Eindruecklich, was die Leute damals
imstande waren zu erbauen. Die Anlage ist auf einer Anhoehe erbaut worden und ueberblickt eine weite Ebene aus Feldern und kleinen Waeldern. Etwas weiter davon entfernt kann man Grabstaetten der
Koenige sehen, welche in die Felsen gehauen wurden. Riesige Dimensionen und vor allem in mehreren Metern Hoehe, so dass die Frage unweigerlich auftaucht, wie die Leute dies damals bewerkstelligen
konnten. Die aelteste Hochkultur der Welt ist in der Gegend des Irans und Iraks zu finden, sozusagen die Wiege der Zivilisation.
Letztlich ging es weiter nach Esfahan, wo ich mich derzeit befinde und ich muss sagen, diese Stadt ist die Perle meiner bisherigen Reise. Das Zentrum, ein riesiger Platz, nach dem Tianmeng Platz
in China der zweitgroesste der Welt, dessen zweistoeckige Gebaeude eine wunderschoene Wiesenanlage mit Springbrunnen umgeben. Dazu noch eine praechtige Moschee von blauer Farbe, welche das eine
Ende des Platzes ziert. Hier finden sich zahlreiche Geschaefte und dazu der groesste Bazar des Landes. Abends kommen die Iraner jeweils auf dem Platz zusammen und gesellen sich mit Familie oder
Freunden auf der Wiese, essen etwas oder sitzen einfach da und unterhalten sich. Das Familienleben ist hier sehr zentral, fuer uns nicht mehr nachvollziehbar und man kann nur staunen, wenn man
saemtliche Generationen in trauter Geselligkeit vorfindet. Der Freitag ist in der muslimischen Welt das Pendant zu unserem Sonntag und da versammeln sich die Familien in den diversen Stadtparks
und picknicken, spielen miteinander Fussball oder sonstige Bewegungsspiele, essen, trinken und geniessen die Zeit miteinander. Die Kinder planschen in den Brunnen und die aelteren diskutieren
ueber das taegliche Leben und derzeit ueber Politik. Auffallend, wieviele junge Leute es hier hat, die meisten sind zwischen zwanzig und dreissig.
Was sich bereits in Shiraz abzeichnete und in Esfahan immer deutlicher wurde, ist, dass ich als einzelner Westler, weder lange alleine durch die Strassen schlendern, noch gemuetlich bei einem
Brunnen oder sonst wo sitzen kann. Die Leute sind unglaublich neugierig und jeder kommt und faengt an mit mir zu schwatzen, egal wieviel Englisch er kann. Meistens nur Maenner, erst einmal hat
sich ein Maedchen, etwa fuenfzehn getraut mit mir zu sprechen. Diese Gespraeche sind meist sehr interessant, ich erfahre ueber das Leben im Iran und sie ueber das Leben in der Schweiz. Es ist
auch lustig zu sehen, welche Vorurteile die Leute hier uns Europaern gegenueber haben. Zum Beispiel, dass wir alle dick sind, weil wir den ganzen Tag nur in Bueros arbeiten und nur unsere Finger
benutzen. Ist schon irrig, hier gibt es kaum dickere Leute, die meisten sind noch schlanker als ich. Natuerlich sind diese Gespraeche manchmal auch muehsam, besonders wenn immer wieder dieselben
Fragen kommen oder ich mich nur mal kurz ausruhen will. Aber was soll man machen, fuer jeden von ihnen bin ich der erste Tourist an diesem Tag und fuer mich sind sie oft der Dritte oder Vierte,
der mich anspricht, alles eine Sache der eigenen Sichtweise. Dennoch hat es einige lustige Begegnungen darunter gehabt und sicherlich sehr viele interessante. Was mir noch nicht ganz klar ist,
wie soll ich den ganzen E-mail Verkehr regeln, der sich abzeichnet, denn jeder will meine Adresse haben. Manchmal wuensche ich mir ein T-Shirt oder ein Schild auf dem steht: "Don't talk with me!"
oder einfach saemtliche Standardfragen beantwortet, so dass ich nur darauf zeigen kann und nicht sprechen muss. hihi. Nein, nein, eigentlich ist es ja schoen so im Mittelpunkt zu stehen, bei uns
muss man schon Popstar sein und unerwartet ueber den Jordan gehen.
Nun blicke ich mit ein wenig Wehmut in die Zukunft, da ich dieses Land bald verlasse, aber der groesste Teil von mir freut sich, denn ich sehe Carol nach vier Monaten endlich wieder. Ich bin
gespannt wie die Zeit zu zweit sein wird.
Hier noch ein grosses Dankeschoen fuer eure E-mails und positiven Rueckmeldungen zu meinem Blog, das spornt natuerlich an weiter zu machen und sich immer weiter zu steigern.
Hier einige Weisheiten und Erkenntnisse, die mir waehrend meiner Reise ins Gemuet kamen. Bitte nicht all zu ernst nehmen, es ist mehr der Versuch einer humoristischen Einlage. :-)
1. Wenn im Guidebook steht: "Just wander around and loose yourself in the..." dann bedeutet dass nicht: "schlendert umher und verliert euch in..." sondern: "egal was ihr tut, ihr werdet euch
totsicher verlaufen und den weg erst nach einem zweistuendingen Marsch wiederfinden." bisher dreimal geschehen...
2. Kamelfleisch schmeckt gar nicht wie huehnchen. Kennt ihr das auch aus den Filmen, wenn Leute an einem fremden Ort landen und was Fremdes essen, die Frage wie schmeckt es, wird immer mit: "Wie
Huehnchen" beantwortet. Hier bin ich an einem fremden Ort und esse immer wieder fremde Dinge, das einzige das wie Huehnchen schmeckt ist Huehnchen. Kamel schmeckt nicht wie Huehnchen. Mensch
uebrigens auch nicht.
3. Es gibt im Iran diverse Huppzeichen fuer Autofahrer: "Aus dem Weg ich komme!" "Aus dem Weg ich bremse nie!" "Willst du mitfahren?" "Will irgendwer mitfahren?" "Hallo zusammen, ich bin hier!"
"Hallo zusammen, ich auch!" "Mir ist langweilig." "Mir auch, komm wir machen ein Huppkonzert." Und mein Favorit: "Ich huppe aus Prinzip."
4. Daumen hoch im Iran bedeutet in etwa dasselbe, wie wenn wir bei uns den Mittelfinger ausstrecken. Toll! Wie zeig ich dann bitte an, dass etwas super ist, wenn ich einen vollen Mund
habe?!
5. In der Wueste ist es sehr heiss, besonders zwischen sechs Uhr morgens und acht Uhr abends. (Man bemerke, die Sonne geht um fuenf auf und um acht unter.)
6. Die groesste Gefahr im Iran ist nicht ein fanatischer Ayatollah, sondern der Taxifahrer, der mit guter Gewissheit weiss, dass sein Taxi staerker ist als jeder Fussgaenger ist und dass die
anderen Autofahrer schon ausweichen werden. (Wobei die anderen Autofahrer von derselben Idee ausgehen) Ernsthaft, ich bin erstaunt, dass ich noch nie einen Unfall gesehen habe.
Das waren mal die ersten, vielleicht gibts noch mehr.
Khoda Hafez
Kommentar schreiben