Nein, nein, keine Angst, ich trinke nicht jeden Tag Wodka und auch die Russen und Kasachen machen das nicht. Aber bei besonderen Anlaessen scheinen sie das Beduerfnis zu haben saemtliche, verpasste Tage auf einen Schlag nachholen zu wollen. Und zwei Schweizer muessen da immer mithalten. Dazu aber noch spaeter.
Seit meinem letzten Eintrag ist einige Zeit vergangen und ich habe einiges erlebt und gesehen, Tehran, Dubai und schliesslich Kasachstan.
Die Rueckkehr nach Tehran war wundervoll, ich konnte mich erneut bei der Familie Mortezavi fuer zwei Tage ausruhen und neue Energie fuer die Weiterreise tanken. Bei dieser Gelegenheit habe ich neue Leute getroffen, hauptsaechlich Freunde von Pedram, die etwa in meinem Alter sind, so dass ich noch mehr ueber das taegliche Leben erfahren konnte. Spannend wie Dinge, welche fuer uns selbstverstaendlich sind, in anderen Laendern voellig unvorstellbar sind. Mit Pedram sind wir dann auch in die Berge gefahren, gleich oberhalb der Stadt und konnten so durch einen Schleier aus Smogg die unedliche Weite Tehrans bestaunen. Der Smog ist schon derbe, da loescht es einem grad ab zu rauchen. ;-)
Danach ging es weiter nach Dubai, wobei nur eine Nacht eingeplant war, da ich eigentlich nur einen kurzen Blick auf die Stadt werfen wollte. Was auch reichte!
Ich kam, sah und war froh als ich wieder ging.
Dubai ist definitiv nichts fuer mich. Die ganze Stadt ist eine riesige Baustelle, ueberall halbfertig gebaute Hochhaeuser oder gerade erst begonnene Bauten, welche wohl auch den Himmel kratzen sollen. Das hoechste Gebaeude der Welt, die Palmeninsel und sonst noch weitere Quartiere mit Haeusern in allen Formen und Farben und alles wirkt so kuenstlich und protzig. Dazu kam noch eine unglaubliche Hitze 44 Grad, meine Politik zu Hitze ist ja, abschaffen, weil nicht noetig; gemischt mit einer enorm hohen Luftfeuchtigkeit, so dass das T-shirt gleich nach fuenf Minuten nass am Koerper klebt. Ich bin eigentlich nur mit mehreren Taxis durch die Gegend gefahren und manchmal ausgestiegen um kurz ein Photo zu machen. Taxifahrer sind eigentlich nur Inder, in Dubai hat es haufenweise Inder, die nennen es little Kerala, weil die meisten von dort kommen. Mir hat das gut gefallen. Aber die Leute kommen von ueberall her, viele Asiaten, einige Araber, wenige Westler und sonst noch ein bunter Mix aus allen Herren Laender.
Nach einer Nacht in der Jugi ging es dann weiter mit dem Flugzeug, nach Almaty, die ehemalige Hauptstadt Kasachstans. Gleich als wir die Stadt ueberflogen begann mein Herz vor Freude zu rasen, endlich wieder einmal Gruen! Die Landschaft der Wochen davor war richtig karg gewesen, so dass ich kaum mehr aus dem Staunen kam bei meiner Ankunft. Es erinnert sehr stark an die Schweiz, mit den hohen Bergen im Hintergrund und den weiten gruenen Waeldern. Was gleich auffaellt sind die Kasachen (hier gemeint die Volksgruppe, nicht die Nationalitaet) mit ihren runden Gesichtern, den mandelfoermigen, dunklen Augen und dem etwas dunklen Teint. Sie machen gut die Haelfte der Bevoelkerung aus, der andere grosse Teil sind ehemalige Russen und dann gibt es noch Minderheiten aus Korea und sonstigen Laendern. Erstaunlich ist, dass hier alle friedlich miteinander leben koennen. Wobei sie untereinander sehr wenig Kontakt haben, sprich wenn man Kasachen kennenlernt sind deren Freunde auch Kasachen, bei Russen dasselbe. Vieles erinnert auch stark an die Sowjetunion, sei es die Uniformen der Polizisten, mit den ueberdimensionalen Hueten oder die Plattenbautensiedlungen. Russisch ist dann auch die Sprache mit welcher man am besten ueber die Runden kommt, wobei Kasachisch die offizielle Sprache ist, so beherrschen doch die meisten die Slawische Sprache. Englisch spricht kaum einer, was meine Unterhaltungsmoeglichkeiten sehr beschraenkt. Meist muss Carol fuer mich das Sprechen uebernehmen, was anfangs in Ordnung war, doch mittlerweile wuerde ich gerne selber mit den Leuten mehr sprechen koennen. Es war schon schwer alleine den Internetzugang zu organisieren und das erste Mal als ich Wasser kaufen wollte, ging es glatt schief. Naja, langsam lerne ich Woerter und begreife auch wie ich per Handzeichen zu dem komme was ich will.
Nach vier Monaten Carol wieder zu sehen war wundervoll, obwohl wir beide etwas Zeit benoetigten um uns wieder aneinander zu gewoehnen. Doch mittlerweile ist alles wieder wie frueher und wir koennen die Weiterreise in Angriff nehmen. Fuer Carol heisst es dann auch allen Leuten hier in Taldykorghan, wo sie die letzten Monaten verbracht hat, auf widersehen zu sagen. Ganz lustige Bekanntschaften hat sie hier gemacht. Die ersten, die ich kennenlernte, haben uns mitgenommen an einen See fuer drei Tage. Wobei See trifft es nicht ganz, das andere Ufer war nicht ersichtlich und salzig war es auch ein wenig. Die Russen holten uns am Morgen mit einer Maschrutka, einem Minibus, welcher hier als Taxi dient, ab und wir fuhren in Richtung SeeMeer los. Gleich zu beginn gab es dann mal ein Bier, was mich ganz freudig stimmte und ich dachte fuer mich, dass der Tag ja gut anfaengt. Dann wurde eine Flasche Rotwein geoeffnet, wohlgemerkt wir waren erst eine halbe Stunde unterwegs. Eine kleine Stimme in meinem Kopf fragte sich zu diesem Zeitpunkt, wo das alles enden wuerde, doch auch der Rotwein war ein Genuss. Bei unserer Ankunft am See war die Flasche auch leer und so konnten wir uns ans Aufbauen unserer Zelte heranwagen, was sich nicht als einfach Angelegenheit herausstellte, da ein heftiger Wind ueber den Sand fegte. Doch schliesslich waren die Unterkuenfte bereit und wir versammelten uns gleich in einem Zelt zu acht und nahmen ein reiches Mittagsmahl zu uns. Zu acht in einem viererzelt und in der Mitte Fleisch, Brot, Gemuese und sonstige kleine Leckereien, typisch russisch, wie Carol sagte. Doch nun gab es nicht mehr Bier oder Wein, sondern Schnaps, was in dem Fall Cognac war. Nun ja, fuer die sechs Frauen gabs noch etwas Wein, fuer uns zwei Maenner nur noch Schnaps. Becher fuellen, prosten, dann leeren, nach einer Weile von vorne anfangen. Beim ersten Mal noch lustig, mit der Zeit sehr frustrierend. Am zweiten Tag waren die Cognac Flaschen leer, ich freute mich ungemein darueber, dass endlich keinen Alkohol mehr gab, dummerweise kamen am Abend neue Leute, welche Wodka mitbrachten. Die Leute sind echt zu viel, morgens um acht fangen sie bereits an und es ist fuer sie absolut nicht tragbar, wenn der Gast nicht mittrinkt. Die Frauen hatten etwas Mittleid mit mir, aber dennoch waren sie die ersten, welche mein Glas nahmen und es fuellten. Doch abgesehen davon, war es ein richtig erholsamer Aufenthalt, wir genossen das Schwimmen, das Liegen am Strand, mit dem dazugehoerenden Sonnenbrand und auch die Abende um das Feuer, mit Fleisch und Froehlichkeit. In Kasachstan ist Fleisch billiger als Gemuese, daher auch Hauptmahlzeit. Ich liebe es!
Zurueck in Taldykorgan uebernachteten wir bei Gulja, einer Kasachin, welche bereits frueher Carol Unterschlupf geboten hat. Zwei Wochen kosten hier fuer zwei Personen ca sechzig Franken, denselben Preis zahlt man fuer eine Nacht in einem Hotel in Almaty. Gulja lud uns gleich ein zur Hochzeit ihrer Tochter. Anfangs waren wir noch als Trauzeugen gedacht, doch dann wurde den Leuten bewusst, dass wir keine Ahnung von den ganzen Ritualen haben, so wurden wir wieder zu "herkoemmlichen" Gaesten. Wobei der Soziale Status der Familie erhoehte sich enorm, da sie uns als Gaeste praesentieren konnte. Die Feier fand auf dem Land statt, bei der Familie des Braeutigamms, dort versammelten sich gut dreissig Leute aus beiden Seiten der Familie um Bande untereinander zu knuepfen. Ein Zelt wurde aufgebaut, Baenke aufgestellt und dann begann das Festmahl. Hauptsaechlich Fleisch: Pferdefleisch und Rind als Einstieg, dann gekochtes Lamm, mit Kopf. Dazu immer wieder Wodka, in kleinen Glaeschen, so dass man gleich alles auf einmal leeren musste. Irgendwann setzt der Ueberlebensinstinkt ein und man faengt an das ganze unter den Tisch zu leeren oder fuellt heimlich Wasser anstelle von Wodka ins Glas... Zwischwendurch stehen immer wieder Leute auf und halten eine Rede und singen ein Lied, alles auf Kasachisch, so dass auch Carol nichts verstand. Dann ging es aus dem Zelt in den Hof, wo im Kreis getanzt wurde und die besten Taenzer ein Geschenk erhielten. Ich hab ein Hemd bekommen. hihi. Zurueck ins Zelt fuer den zweiten Essensdurchgang, dasselbe wie zuvor, einfach ein neues Schaf und immer noch Wodka. Dann wieder tanzen und schliesslich Aufbruch. Nicht nach Hause, sondern ins Restaurant, wo der Rest der Gesellschaft zusammenkam, etwa hundertdreissig Leute und auch das Brautpaar endlich zu uns stiess. Der Nachmittag war fuer die engsten Verwandten reserviert, welche sich kennen und liebenlernen sollten. Im Restaurant dasselbe Ritual, dasselbe Essen und leider dasselbe Trinken. Dann immer wieder Musik und Tanz und wenn die Leute beim Essen waren, wurden immer wieder einige nach vorne gerufen, damit sie ihre Glueckwuensche an das Brautpaar richten konnten. Auch wir wurden nach vorne gerufen, ich habe irgendwas vor mich hingeplapert und Carol hat dann auf Russisch die Glueckwuensch uebermittelt. Um vier Uhr morgens gings dann endlich zurueck nach Hause. Obwohl unglaublich interessant, spannend und unterhaltsam, waren wir doch ausgelaugt.
Ach! Leute, es gibt noch so viel mehr was ich euch erzaehlen koennte ueber dieses Land, das so anders ist, als alles was ich bisher gesehen habe. Fahrten ueber die Steppe im Abendlicht. Mit einem Netz in der Nacht fischen gehen im See (wobei das nicht so ganz klappte, weil der Fischer zu betrunken war) . Fahrten mit der Maschrutka und dem Bus. Schlendern durch die Stadt. Die Welt ist leider zu gross um Platz auf diesem Blogg zu finden. Und ich bin zu erschoepft um weiter zu schreiben und ihr gewiss um weiter zu lesen.
Was fuer News gibt es aus der Welt? Was ist im Iran los? Hier bin ich noch abgeschnittener von allem als zuvor, obwohl Facebook endlich wieder geht... hihi.
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