Mal ernsthaft ist eigentlich die Schweinegrippe wieder ausgebrochen? Hier in Astana, der Hauptstadt von Kasachstan laufen unglaublich viele Leute mit Mundschutz herum. Vielleicht ist es hier auch
gerade Mode, bei dieser verrueckten Stadt waere es schon moeglich. Aber mal langsam und alles in geordneter Form.
Zwei Drittel der Reise sind nun bald um. Morgen verlassen wir Kasachstan und reisen in die Ukraine, nach Kiev, bevor es dann nach einigen Tagen weiter nach Moskau, St. Petersburg und die
Baltischen Staaten geht. Daher soll hier der abschliessende Bericht ueber Kasachstan folgen. Doch diesmal moechte ich weniger von dem erzaehlen, was wir so gemacht haben, nicht dass es langweilig
waere, sondern kleine Fakten und Anekdoten wiedergeben, die euch einen kleinen Eindruck vom Land geben sollen. Wobei man die ganze Tiefe des Flusses nicht wirklich erfassen kann.
Kasachstan hat eine Flaeche von ca. 2,7 Milionen Quadratkilometer und eine Bevoelkerung von etwa 16 Milionen. (Zum Vergleich die Schweiz hat eine Flaeche von 41tausend und etwa 7,7 Mio.
Einwohner, ihr seht es gibt hier weite Teile die nicht bewohnt sind.) Nicht ganz 70 Prozent sind Kasachen (Ethnische Gruppierung), weniger als 30 Prozent sind russicher Abstammung und dann gibt
es sonst noch mehrere Minderheiten. Im Pass werden alle als Kasachstani bezeichnet, wobei jeweils vermerkt ist, welcher Gruppe sie angehoeren. Saemtliche staatlichen Aemter werden von Kasachen
besetzt, sprich Polizie, Post, Bahn usw. und Kasachisch ist auch die Landessprache, wobei Russisch als Ethnische Verbindungssprache bezeichnet wird, keine Ahnung was das genau bedeuten soll.
Jedenfalls koennen die meisten Leute Russisch, sei es Kasachen oder Russen oder sonst wer, aber beinahe nur die Kasachen koennen Kasachisch. Interessanterweise leben diese Gruppen in grossem
Frieden miteinander, sie vermischen sich kaum, aber sie tragen auch keine oeffentliche Konflikte aus. Wobei auf die Dauer koennte sich das aendern, da fuer Nicht-Kasachen der Zugang zu guten
Stellen sehr schwierig ist.
Die beiden Hauptgruppen unterscheiden sich dann natuerlich in vielen Dingen, die Kasachen sind sehr Traditionsbewusst (jeder muss den Namen von sieben seiner Ahnen wissen, in richtiger
Reihenfolge), eher unorganisiert und wie mir scheint etwas unzuverlaessiger, dafuer aber sehr freundlich und froehlich. Die Russen sind zuverlaessiger und organisierter, dafuer aber sehr harsch
und wirken teilweise kuehl. Vodka trinken beide Gruppen fuers Leben gerne.
Ich habe ja letztes Mal vom Ausflug an den Balchasch See erzaehlt, wo wir mit Russen unterwegs waren. In der zweiten Nacht kamen zwei weitere Russen dazu, mit ihren beiden sehr jungen Soehnen und
einer hatte sogar noch seine Geliebte dabei. Letzterer war Kugelrund und ich nannte ihn den Walfisch, nicht vor ihm selbst, da der gute Kerl Deutsch sprach. Der Walfisch hatte jedenfalls ein
Fischernetz dabei und wollte mit mir mitten in der Nacht raus in den See, wo wir das Netz platzieren sollten und am naechsten Morgen evtl. einen grossen Fang einziehen koennten. Das Wasser war um
diese Zeit natuerlich eisig kalt und der Walfisch natuerlich sturzbetrunken. Als ich ihn mitten im Wasser fragte, wie er denn das Netz befestigen wollte, guckte er mich mit grossen Augen an,
schickte den achtjaehrigen Sohn los, zwei Flaschen mit Sand zu fuellen. Wir spannten derweil das Netz auf, doch irgendwann schien der Walfisch voellig verwirrt zu sein und gab das ganze auf,
meinte dass Netz sei falsch zusammengerollt gewesen und wir muessten es ein ander Mal versuchen. Ich war nur froh aus dem Wasser zu kommen. Am naechsten Morgen noetigte er mich um acht mit ihm
Vodka zu trinken, zum Glueck schlief er um elf bereits tief und fest.
Am Abend ging es zur Rueckfahrt, eigentlich haetten die beiden Neuankoemmlinge einen zweiten Wagen organisieren sollen, doch dieses hatten sie versaeumt, so dass wir zu zehnt in einem Wagen Platz
finden mussten. Mein Koerper, vom Vodka, der Hitze voellig uebefordert, schaltete waehrend einer Pause fuer einige Sekunden ab, bevor ihm ein Neustart gelang. Im Nachhinein trotzdem ein lustiges
Erlebniss.
Vieles hier erinnert noch an die Sowjetunion, zum einen die ueberdimensionalen Huete der Polizisten, dann die Plattenbauten, aber auch die Tatsache, dass wenn man ein Zugticket loesen will, man
seinen Pass und seine Registrationskarte zeigen muss.
Diese Registrationskarte laeuft nach drei Monaten ab, was eigentlich niemand so genau weiss, ausser einige Polizisten. Carol und ich waren jedenfalls an einem Bahnhof und warteten auf den Zug in
den Norden, welcher eine halbe Stunde spaeter eintreffen sollte, als der Freund und Helfer unsere Dokumente ueberpruefen wollte. (Im Guide steht, dass die Polizei oft mehr Probleme verursacht,
als sie loest...) Carol musste den Herrn dann begleiten, waehrend ich beim Gepaeck zurueck blieb. Nun brachte man sie zu einem weiteren netten Herrn der oeffentlichen Sicherheit, welcher
ebenfalls die Papiere kontrollierte und bemerkte, dass ihre Registrationskarte abgelaufen war. Sehr schlecht, denn das bedeutete zwei Tage Knast und eine Busse von hundert Franken. Carol zuerst
erschrocken, fasste sich rasch und konterte diesen Unterstellungen gewifft. Doch immer mehr Zeit verstrich und schon bald war zu befuerchten, dass wir unseren Zug verpassen wuerden, so musste sie
sich auf einen Handel mit dem Herrn und seinem Kollegen einlassen. Das Geschaefft zwischen den dreien bestand aus Bestechung und der Versicherung, dass es unter ihnen blieb. Ja, ja, der Rutsch in
die Illegalitaet geht schnell. Wir konnten den Zug rechtzeitig nehmen. In Astana haben wir uns dann freiwillig gestellt, nachdem wir noch Ruecksprache mit dem Schweizer Konsulat hatten. Hier
wieder die Drohung von hundert Franken Busse, Carol winkte dass als laecherlich ab, die alternative war dann, dass sie ein Aufenthaltsverbot von fuenf Jahren haette. Nach etwa drei Stunden
einigten sich die Parteien, dass die Registration Gratis und Franko fuer fuenf Tage verlaengert wird. Ich glaube die haben selber nicht genau begriffen was sie taten, aber abzocken wollen sie
einen auf jeden Fall, wenn man sich nicht wehrt.
Touristen haben es hier schwer, Englisch spricht kaum einer (Astana mal ausgenommen) und freundlich und hilfsbereit ist man an oeffentlichen Stellen oder in Hotels auch nicht wirklich. Ist schon
lustig, wie sie mit Auslaender umgehen, stellen wenige Fragen, sind nicht sehr neugierig und sprechen russisch mit einem, obwohl man offensichtlich nichts versteht...
Astana ist die neue Hauptstadt von Kasachstan, das erst seit 1996 oder so, als Nazarbajev, seit der Unabhaengigkeit der Praesident dieses Landes, diese Stadt aus was fuer Gruenden auch immer zur
neuen Hauptstadt benannte. Seither wird etwa acht Prozent des Jahresbudget in den Aufbau der Stadt investiert. Aehnelt irgendwie Dubai, nur in einem kleineren Masse und es ist noch (Adjektiv
fehlt), wenn man das Land sonst gesehen hat. Astana ist wirklich topmodern, sauber, gut erhalten und wirkt teilweise wie eine Zukunftsstadt. Voelliger Kontrast zum Rest des Landes. Der Praesident
hat wirklich was grosses vor mit dieser Stadt. Er macht allgemein viel Rummel um seine Person, nicht gerade wie ein Diktator, aber es kommt dem schon sehr aehnlich. Niemand wehrt sich, da es dem
Land seither sehr gut geht. 10 Prozent Wachstum jaehrlich.
Besuche beim Postamt sind auch unterhaltsam. Wir wollten einige Dinge nach Hause senden, um die Rucksaecke zu erleichtern, daher gingen wir eines Morgens ins Postamt, Carol wusste was uns
erwartete, ich nicht. Zuerst kommt man rein und kauft in einem kleinen Raum ein Paket fuers verpacken. Dann stellt man das Packet auf einen Tisch vor diesem Raum und verpackt seine Sachen unter
den wachsamen Augen der Paketverkaeuferin. Die entdeckt prompt zwei Tassen, meint, man koenne diese nicht versenden und schreit dies gleich als Frage durch die ganze Halle. Die zurueckgeschriene
Antwort bestaetigt die Annahme. Fertig verpackt, geht es zum Paketschalter, dort wird alles nochmals entpackt und genau aufgelistet. CD's darf man nicht versenden, man weiss ja nicht was drauf
ist und Buecher muessen in einen separates Paket. Dieses wird dann sogleich von drei Angestellten erstellt und nach dem zweiten Versuch glueckt es ihnen auch das Paket richtig zu erstellen. Um
die Formulare richtig auszufuellen benoetigen sie mehrere Male den Tipex, die elektronische Wage auf null stellen koennen sie nicht und muessen die Chefin fragen. Allgemein wirken die unteren
Angestellten sehr unbeholfen und laecheln tun sie auch nie, obwohl Kasachinnen. Nach einer Stunde sind die beiden Pakete bereit und wir um sechzig Franken aermer.
Bei Almaty oder Alma Ata oder wie es sonst noch heisst, tuermen sich hohe Berge und hier ist die perfekte Gelegenheit fuer Camping und Wandern gegeben. Wobei der Cervelat doch sehr fehlte. Aus
der Stadt kommen dann auch viele Leute hoch, da sie mit dem Wagen gerade mal dreissige Minuten benoetigen und fahren mit der Seilbahn auf 3600 Meter hoch um sich ein wenig an der Landschaft zu
erheitern. Da es in der Stadt jedoch etwa dreissig grad ist, kommen die meisten in kurzen Hosen und Sandalen oder Badeschlarpen hoch und fangen dann an zu frieren. Aber fuer diese Faelle ist
vorgesorgt und so kann man gratis Windjacken und Socken ausleihen. Kalt ist es wirklich dort oben, ich habe die eine Nacht im Zelt beinahe nicht geschlafen, weil ich so gefroren habe und das
obwohl ich im Schlafsack lag und alle Kleider uebergestreift hatte... Trotzdem war es schoen, wie in der Schweiz, ausser viel hoeher und viel weniger Wanderwege. hihi.
Bei unserem zweiten Naturtripp sind wir dann aufs Pferd gestiegen fuer etwa sechs Stunden. Reiten ist gar nicht einfach, die Tiere sind manchmal unglaublich stoerrisch und der Hintern schmerzt so
richtig nach der langen Zeit im Sattel. Trotzdem war das wahrscheinlich eines der schoensten Erlebnisse meiner Reise.
Sodeli, das wars mal wieder. Es fehlt immer noch einiges, aber wenn ich alles aufschreibe bleibt ja nichts mehr zum erzaehlen wenn ich zu Hause bin.
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